Gewaltschutzkonzept Kinderhaus Mühlenkinder

erstellt am 15.02.2023

Version 1

Inhaltsverzeichnis

1 Präambel

1.1 Leitbild des Kinderhauses

1.2 Verantwortungsbereich

1.3 Geltungsbereich

1.4 Rechtliche Grundlagen

2 Risikoanalyse

2.1 Personal und Elterndienst

2.2 Räumliche Situation

2.3 Kinder

2.4 Familie

2.5 Externe Personen

3 Prävention

3.1Personalmanagement

3.1.1 Personalauswahl

3.1.2 Personalführung

3.1.3 Fort und Weiterbildung

3.2 Elterndienst

3.3 Verhaltenscode

3.3.1 Verhaltensampel in unserer Einrichtung

3.3.2 Konsequenzen bei Verletzung

3.3.3 Fehlerkultur

3.4 Sexualpädagogisches Konzept

3.4.1 Ziele

3.4.2 Umsetzung

3.4.3 Umgang mit Sexualität unter Kindern

3.4.4 Umgang mit sexuellen Übergriffen durch Erwachsene (Mitarbeiter der Institution)

3.5 Beteiligung von Kindern

3.6 Beschwerdemanagement

3.6.1 Für Eltern.

3.6.2Für Kinder

3.6.3Für das Team

3.7 Vernetzung und Kooperation

4 Intervention – Verfahren bei Kindeswohlgefährdung.

4.1 Notfallplan

4.1.1 Handlungskonzept zum Gewaltschutzkonzept für Eltern

4.1.2 Handlungskonzept zum Gewaltschutzkonzept für Mitarbeiter

5 Rehabilitierung, Aufarbeitung und Qualitätssicherung

6 Anlaufstellen und Ansprechpartner

1 Präambel

1.1 Leitbild des Kinderhauses

Unsere Vision:

Ein Kind
Ein Zuhause
Ein „Wir“
Ein Kinderhaus – gemeinsam in die Zukunft

Unser Kinderhaus soll für die uns anvertrauten Kinder ein sicherer Ort zum Lernen, Spielen und Wachsen sein. Als Mitarbeiter, Eltern und Träger unserer Einrichtung tragen wir eine große Verantwortung für das körperliche, geistige und seelische Wohl unserer Kinder. Deshalb haben wir auch die Pflicht, sie vor jeder Form von Übergriffen, Missbrauch, Vernachlässigung, Gewalt und Grenzverletzungen zu schützen. Wir tragen dazu bei, eine Atmosphäre zu schaffen, die diesem Auftrag gerecht wird. Jedes Kind darf im Schutz der Gemeinschaft aufwachsen. Daraus ergibt sich für uns alle die Verpflichtung, das Wohl des Kindes zu schützen und die Grenzen jedes Einzelnen zu achten.

Wir wollen gegenseitig ein rücksichtsvolles Miteinander etablieren, das geprägt ist von Sensibilität, Achtsamkeit und bewusstem Handeln. Gemeinsam leben wir den Kindern vor, wie man mit Besonnenheit und Bedacht herausfordernde Situationen bewältigt.

Das vorliegende Schutzkonzept wurde gemeinsam von Team, Träger und Elternvertretern erstellt und soll das Recht auf eine solch gewaltfreie Umgebung und Erziehung in einem institutionell geschützten Rahmen sicherstellen.

Unser tägliches Arbeiten mit den Kindern und im Team wird von einer Grundhaltung getragen, die durch Wertschätzung, Respekt, Achtsamkeit und Vertrauen charakterisiert wird. Diese Werte stehen im Mittelpunkt unseres Tuns und Handelns.

Maria Montessori, nach deren Pädagogik wir arbeiten, war auch hier eine Vorreiterin. Ihr Engagement für das Kind und seine Rechte hat große Bedeutung für die Vorbereitung und das Verständnis der Kinderrechte, die Sensibilisierung des öffentlichen Bewusstseins sowie ihre politische Umsetzung.

Mit unserem Schutzkonzept wollen wir eine Handreichung für alle an der Erziehung Beteiligten schaffen, um sie für die Thematik zu sensibilisieren und zur Reflexion des pädagogischen Handelns, aber auch des Umgangs miteinander anzuregen. Das Risiko für gewaltvolle Handlungen soll minimiert werden; außerdem soll das Schutzkonzept ein wertvoller Handlungsleitfaden sein, der im Ernstfall Sicherheit und Orientierung geben wird. Nicht zuletzt stellt das Schutzkonzept für alle an der Erziehung der Kinder Beteiligten eine verpflichtende Vereinbarung dar, die klare Handlungsanweisungen beinhaltet und regelmäßig aktuellen Bedingungen angepasst werden kann.

1.2 Verantwortungsbereich

Wir haben uns für ein weites Verständnis des Schutzkonzeptes entschieden; neben dem Schutz der Kinder vor sämtlichen Formen der Gewalt ist uns die Verwirklichung sämtlicher in der UN- Kinderrechtskonvention enthaltenen Schutzrechte (u.a. Diskriminierungsschutz, Unfallschutz, Medienschutz) ein großes Anliegen.

1.3 Geltungsbereich

Das Leitbild gilt für alle an der Erziehung und Betreuung der Kinder beteiligten, nämlich das pädagogische Personal, der Träger, die Eltern, aber auch externe Kräfte wie Praktikant*innen, Hospitant*innen, externe Fachkräfte. Die Umsetzung des Leitbildes liegt in der Verantwortung aller Beteiligten.

1.4 Rechtliche Grundlagen

§ 1Abs. 3 Nr. 4 SGB VIII § 8a SGB VIII
§ 9b BayKiBiG
§ 8b SGB VIII

§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII § 47 SGB VIII
§ 1 Abs. 3 AV BayKiBiG

2 Risikoanalyse

In den folgenden Kapiteln werden alle Bereiche bewertet, die eine potentielle Gefährdung darstellen können. Gleichzeitig werden Präventionsmaßnahmen definiert um die Gefährdung zu minimieren.

2.1 Personal und Elterndienst

Gewalt bezieht sich nicht nur auf körperliche Übergriffe wie schlagen, packen, schubsen, sondern auch psychische Gewalt wie lächerlich machen, unter Druck setzen, ausgrenzen, gehören mit dazu.

Zur Vermeidung von körperlicher und psychischer Gewalt gibt die Verhaltensampel (siehe 3.3.1) verbindliche Vorgaben zu erlaubten und verbotenen Verhaltensweisen. Außerdem halten sich alle an den unter Kapitel 3.3 beschriebenen Verhaltenscodex.

Die Ernährungsrichtlinien und wie mit Essenssituationen umzugehen ist, ist im Dokument Verpflegungskonzept festgelegt.

Alle Mitarbeitenden und Elterndienstleistenden sind mit dem Gewaltschutzkonzept vertraut und haben sich zum Einhalten der Vorgaben (u.a. Selbstverpflichtungserklärung) verpflichtet. Ein erweitertes Führungszeugnis wird alle 5 Jahre eingefordert.
Das Personal kennt seine Aufgaben; diese werden in regelmäßigen Planungstagen reflektiert und bei Bedarf neu verteilt.

2.2 Räumliche Situation

Unsere Einrichtung wurde 2013 nach den damals geltenden Standards gebaut. Unsere Räumlichkeiten sind hell und offen. Es gibt große Gruppenräume mit wenigen Winkeln. Die Nebenräume, in die sich Kinder zurückziehen können, sind jeweils von 2 Seiten zugänglich und durch Glasflächen einsehbar.

Der Toilettenbereich, der eine potentielle Gefahr bergen könnte ist in unserem Haus frei einsehbar; die Toilettenkabinen sind von Erwachsenen zu überblicken.

Folgende Bereiche im Innen oder Außenbereich unseres Hauses haben wir als Risikobereiche definiert:

Risikobereiche

Prävention

Badezimmer:
Im Bad gibt es 2 Nischen, die Duschecke und der Wickelbereich

Toilettengang wird in der Gruppe begleitet; die Begleitung beachtet auch die Nischen

Toiletten der Schulkinder:

  • Mädchentoilette könnte durchGruppenschlüssel verschlossen werden
  • Jungentoilette abschließbar durch Drehknauf

Erwachsene dürfen nicht mit Schulkindern zur Toilette gehen;
Ausnahme: Kind braucht Hilfe;
Das Kind bestimmt selbst wer ihn zur Toilette begleiten soll, der Erwachsene muss einer weiteren Person Bescheid gegeben, die die Dauer des Toilettengangs im Auge behält

Behinderten- /Personaltoilette:
ist innen durch einen Drehknauf abzuschließen und kann von außen durch einen Schraubenzieher geöffnet werden

Hier ist wie bei den Schulkindtoiletten der Zeitfaktor zu beachten; wenn ein Erwachsener mit einem Kind im 1:1 Kontakt ist muss dieser begründet und angemeldet sein.

  • abschließbare Räume: Großküche
  • Materialzimmer
  • Büro
  • Personalzimmer
  • Hauswirtschaftsraum

Zeitfaktor beachten, wenn ein Erwachsener mit einem Kind im 1:1 Kontakt ist; der 1:1 Kontakt muss begründet und angemeldet sein.

Außenbereich:
schlecht einsehbare Spielsituationen im Baumhaus und Höhlengang

Aufsichtspflicht: mindestens 2 Erwachsene müssen im Garten dabei sein, die an verschiedenen Punkten verteilt stehen und somit möglichst viele Ecken einsehen können.

Die Kinder haben einen „Gartenführerschein“ mit Verhaltensregeln

2.3 Kinder

Im Folgenden haben wir Situationen und Bereiche oder Zeiten definiert bei denen es unter Kindern zu potentiell gefährlichen Handlungen kommen könnte.

Risikobereiche

Prävention

Toilettengang:
Wenn Kinder alleine zur Toilette gehen können sie auf ein oder mehrere Kinder aus der anderen Gruppe treffen ohne dass ein Erwachsener anwesend ist

Das Personal beachtet den Zeitfaktor und schaut nach einigen Minuten ggf. nach dem Kind

Außenbereich:
Baumhaus und Höhlengang im Garten

Aufsichtspflicht: mindestens 2 Erwachsene müssen im Garten dabei sein, die an verschiedenen Punkten verteilt stehen und somit möglichst viele Ecken einsehen können.

Die Kinder haben einen „Gartenführerschein“ mit Verhaltensregeln

In Randzeiten:
weniger Personal, dadurch mehr Möglichkeiten zu Übergriffen unter Kindern

Das Personal ist sich bewusst darüber, dass es gerade in Randzeiten besonders aufmerksam und wachsam sein muss

Sollte es dennoch zu einer übergriffigen oder gewaltvollen Situation unter den Kindern kommen, werden diese Situationen in der Gruppe besprochen ohne einzelne Kinder bloß zu stellen. Außerdem werden regelmäßig Einheiten in der Gruppe gemacht mit Übungen zum STOP und NEIN sagen, damit die Kinder sich trauen sich von solchen Situationen abzugrenzen, auch gegenüber Erwachsenen.

2.4 Familie

Wenn der Verdacht besteht, dass es in einer Familie zur Gewaltanwendung gegen das Kind kommt, wir dieser Verdacht zunächst im Team besprochen und die Verdachtsmomente werden dokumentiert. Ist sich das Team einig, wird ein anonymes Beratungsgespräch mit dem Jugendamt geführt, sowie ein Elterngespräch an dem 2 Mitarbeiten*innen sowie eine Vertretung aus dem Vorstand anwesend sind. In dem Gespräch werden mit den Eltern u.a. Ziele vereinbart, wie das Fehlverhalten in Zukunft unterbunden werden soll. Außerdem wird ein weiterer Gesprächstermin vereinbart um zu überprüfen, ob die vereinbarten Maßnahmen hilfreich waren und es zu keiner weiteren Gewaltanwendung mehr gekommen ist.

Wird im zweiten Gespräch oder in der Zeit nach dem Erstgespräch allerdings festgestellt, dass die Vereinbarungen nicht eingehalten wurden, wird den Eltern signalisiert, dass im nächsten Schritt das Jungendamt hinzugezogen werden wird.

Muss eine Meldung ans Jugendamt erfolgen wird wie im Notallplan (siehe 4.1) beschrieben verfahren.

2.5 Externe Personen

In unserem Haus arbeiten auch externe Personen wie z.B. Logopäden, Integrationspädagogen, Musikpädagogen. Diese arbeiten mit den Kindern in von außen einsehbaren Räumen bzw. im Sechs- Augen-Prinzip.

Externe Personen, die regelmäßig ins Haus kommen, müssen ebenso wie Mitarbeiter*innen, ein erweitertes Führungszeugnis abgeben und das Gewaltschutzkonzept lesen und unterzeichnen.

3 Prävention

3.1 Personalmanagement

3.1.1 Personalauswahl

Gewaltschutz beginnt im Vorstellungsgespräch. Durch gezielte Fragen im Einstellungsverfahren soll die Haltung des/der Bewerber*in erfasst und eingeschätzt werden.
Wichtige Fragen, die jedem/jeder Bewerber*in gestellt werden, sind:

  • Wie gehen Sie mit Nähe und Distanz mit Kindern um?
  • Was beinhaltete das Schutzkonzept Ihrer vorigen Einrichtung und wie wurde es gelebt?Durch die Antworten ergeben sich erste Einblicke, ob der/die Kandidat*in ein angemessenes Verständnis bezüglich Kinderschutz und eine persönliche Eignung mitbringt.

    Im Vorstellungsgespräch wird über vorhandene Regeln und Vereinbarungen des Schutzkonzepts der Kita informiert. Es wird geprüft, ob der/die Bewerber*in dazu ein Commitment abgeben kann.

    Auffällig wäre z.B., wenn gewisse Zeugnisse der Berufslaufbahn fehlen. Daher wird beim Bewerbungsprozess auf die Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen geachtet. Lücken im Lebenslauf oder häufige Stellenwechsel werden thematisiert, um Ursachen dafür zu ergründen.

    Voraussetzung für eine Einstellung ist die Prüfung der persönlichen Eignung nach § 72 a SGB VIII: Die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses gem. § 30a BZRG wird verlangt; dieses wird regelmäßig nach spätestens fünf Jahren erneuert.

    Dieses Vorgehen ist für alle Mitarbeitenden relevant, d.h. für Fach- und Ergänzungskräfte, Praktikant*innen, Therapeut*innen, Mitarbeitende der Fachdienste der Hauswirtschaft, Reinigung und Verwaltung sowie ehrenamtliche Kräfte.

    3.1.2 Personalführung

    Im Kinderhaus soll ein autoritativer/demokratischer Führungsstil gelebt werden. Das bedeutet wertschätzender und respektvoller Umgang miteinander auf Augenhöhe. Es gibt gewisse Grenzen zum Schutz der Gemeinschaft und des Einzelnen und auch individuelle Bedürfnisse werden berücksichtigt.

    Der Träger hat Weisungsbefugnis, dennoch steht im Vordergrund Entscheidungen so zu treffen, dass sie dem Wohl der Gemeinschaft dienen. Der Träger hat gewisse Verantwortungen und Pflichten, stimmt sich jedoch bei wichtigen Entscheidungen mit den anderen zwei Säulen – Team und Elternbeirat – ab. Durch offene und transparente Kommunikation soll verdeckte abwertende und passiv aggressive Kommunikation eingedämmt werden. Diese wohlwollende Kommunikation erschafft eine Atmosphäre, in der sich Kinder wohlfühlen können und die frei ist von verbaler Gewalt.

    Durch regelmäßige Mitarbeitergespräche soll eine Plattform zum Austausch geschaffen werden. Auch Themen, die die Mitarbeiter*innen belasten, dürfen hier Platz finden und bearbeitet werden. Somit soll ein Ventil geschaffen werden für gemeinsamen Austausch – auch von Sorgen und Nöten – so dass diese nicht auf die Kinder übertragen werden. Die Mitarbeitergespräche finden ein- bis zweimal jährlich statt. Auch das Sprechen und Reflektieren über das Schutzkonzept findet hier seinen Raum. Die Gesprächsleitfäden werden diesbezüglich ergänzt.

    Im Kinderhaus soll eine konstruktive Konfliktkultur gelebt werden. Dies bedeutet, dass es normal ist, dass jeder Fehler macht. Aus Fehlern kann für die Zukunft gelernt werden. Es ist wichtig, sich und seine Fehler reflektieren zu können – frei von persönlichen Befindlichkeiten – und sich ständig weiterzuentwickeln. Fehler dürfen und sollen konstruktiv und wertschätzend angesprochen werden mit Fokus auf die Lösung und niemand soll beschämt oder beschuldigt werden bzw. „sein Gesicht verlieren“. Jeder bekommt eine Chance, Fehlverhalten zu beseitigen und adäquates Verhalten an den Tag zu legen. Bei wiederholtem Fehlverhalten, das für die Gemeinschaft nicht tragbar ist, werden Konsequenzen eingeleitet. (siehe auch Kapitel 3.3.3)

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3.1.3 Fort und Weiterbildung

Jedes Teammitglied hat ein Fortbildungskontingent pro Jahr (1 Arbeitswoche). Jede/r Mitarbeiter*in ist angehalten, dieses Kontingent in Anspruch zu nehmen und sich regelmäßig fortzubilden. Der Träger ermutigt die Teammitglieder sich über Fortbildungsangebote zu informieren und stellt diese zur Verfügung (durch Fortbildungsbroschüren, Mails). Der/die Mitarbeiter*innen suchen sich in Eigenregie Fortbildungen heraus, die sie mit dem Träger abstimmen, der diese dann genehmigt. Es ist auch möglich, dass der Träger gewisse Fortbildungen anregt. Im Kinderhaus ist das Montessori Diplom eine wichtige Fortbildung, auch hier wird eine wertschätzende Haltung dem Kind gegenüber vermittelt. Darüber hinaus soll künftig auch darauf geachtet werden, dass jede/r Mitarbeiter*in Fortbildungen zum Thema Kinderschutz besucht. Mindestens einmal im Jahr soll eine Mitarbeiterin sich durch eine Fortbildung auf dem Laufenden halten und die anderen über Neuerungen im Team informieren. Außerdem sollen alle Mitarbeiter, die eine Schulung besucht haben, an den beiden Planungstagen, die jedes Jahr stattfinden, ihr Gelerntes an die Kollegen weitergeben und ggf. Maßnahmen in die Wege leiten, Neuerungen umzusetzen.

Auch teamintern soll eine regelmäßige Auseinandersetzung mit dem Schutzkonzept erfolgen, einmal jährlich im Rahmen des Planungstages vor den Sommerferien. Hierzu gibt es eine Präventions- bzw. Kinderschutzbeauftragte (Nadine Amrehn), die dafür Sorge trägt, dass das Thema Schutzkonzept regelmäßig einmal im Vierteljahr in den Teamsitzungen besprochen und reflektiert wird. Ebenso achtet die Person darauf, dass das Schutzkonzept regelmäßig überarbeitet und aktualisiert wird. Einmal im Jahr bei der Sicherheitsunterweisung soll die Aktualisierung erfolgen.

3.2 Elterndienst

Zur Sicherstellung, dass der Elterndienst gut in das Schutzkonzept eingewiesen ist und dieses umsetzt, wurden folgende Maßnahmen festgelegt:

  • Es erfolgt eine jährliche Unterweisung für Eltern und Elterndienstleistende über das Schutzkonzept
  • Alle Eltern und diejenigen, die im Elterndienst tätig sind, sind verpflichtet ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen
  • Das Schutzkonzept wird in der Anmeldemappe (bzw. separat bei externem Elterndienst) ausgehändigt und es erfolgt eine Unterschrift zum Schutzkonzept und auf der Selbstverpflichtungsvereinbarung

3.3 Verhaltenscodex

Folgende verbindliche Verhaltensregeln haben wir als Schutzvereinbarungen festgelegt:

1. Das Prinzip der offenen Tür oder Sechs-Augen-Prinzip

In unserer Einrichtung ist Transparenz sehr wichtig. Durch die täglich wechselnden Elterndienste sind überdurchschnittlich viele Erwachsene im Haus; im Sinne des Gewaltschutzes ist es besonders wichtig, dass das Prinzip der offenen Tür gilt. Bei allen Maßnahmen, die einen 1:1 Kontakt erfordern (z.B. Wickelsituation), ist der betreffende Raum jederzeit von Dritten zugänglich und/oder einsehbar. Auch das Sechs-Augen-Prinzip hat bei uns einen hohen Stellenwert; unser Konzept sieht es vor, dass immer zwei pädagogische Fachkräfte und zusätzlich ein Elterndienst in der Gruppe anwesend sind; somit ist die Wahrscheinlichkeit eines unbemerkten Übergriffes minimiert. Auch bezüglich des Verhaltens einzelnen Kindern gegenüber gibt es eine funktionierende Kontrolle durch andere anwesende Erwachsene.

Hat ein Kind den Wunsch nach einer bestimmten Bezugsperson (z.B. beim Wickeln, Schlafen legen, Hilfe beim Toilettengang etc.), wird dem nach Möglichkeit entsprochen. Es gilt die Regel, dass Kinder nicht in die abschließbare Erwachsenentoilette mitgenommen werden dürfen.

2. Keine Privatgeschenke an Kinder

Auch bei besonderen Erfolgen von einzelnen Kindern werden durch Mitarbeiter*innen keine Vergünstigungen gewährt oder Geschenke gemacht, die nicht mit dem Team oder der Leitung abgesprochen sind. Geschenke werden prinzipiell nicht im Namen von Einzelnen, sondern nur im Namen des Teams geschenkt. Die Bevorzugung einzelner Kinder durch persönliche Geschenke stellt eine von vielen Täterstrategien dar. Diese Regelung erschwert es eventuellen Täter*innen, Kinder in ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis zu bringen, um eine Aufdeckung zu verhindern.

3. Private Kontakte zu Kindern klar regeln

Private Kontakte zwischen dem Personal und den Kindern der Einrichtung können sexuelle Übergriffe erleichtern. Private Kontakte von Personal, aber auch Praktikant*innen zu Kindern der Einrichtung und deren Familien müssen immer transparent gemacht werden. Unternehmungen und Kontakte mit einzelnen Kindern oder der Kindergruppe außerhalb unserer Räumlichkeiten müssen auch während der Dienstzeit im Team besprochen und genehmigt werden.

4. Klare Regeln im Umgang mit Geheimnissen

Täter*innen setzen Kinder im Zusammenhang mit sexuellen Grenzverletzungen häufig unter Geheimhaltungsdruck. Mit unseren Kindern besprechen wir, dass sie jederzeit kommunizieren dürfen, wenn ihnen etwas nicht richtig erscheint oder komisch vorkommt – auch anderen Erwachsenen gegenüber. Es wird an der Unterscheidung von schönen und unangenehmen Geheimnissen gearbeitet. Im Sinne einer guten Intervention und Unterstützung eines betroffenen Kindes ist es wichtig, dass Fachkräfte sich niemals vorab auf das Versprechen einlassen sollten, etwas von einem Kind Anvertrautes nicht weiter zu erzählen.

5. Klare Regeln für die Wickelsituation

Es ist wichtig für Kinder, dass die Wickelsituation angenehm gestaltet und sprachlich begleitet wird. Wir benennen konkret, was wir tun (Penis, Vulva und Po werden sauber gemacht) und respektieren des Schamgefühls der Kinder, auch beim Toilettengang. Nicht erlaubt sind Küsse auf Bauch oder Intimbereich; auch ohne Ankündigung den Intimbereich zu säubern sollte vermieden werden.

6. Gestaltung der Schlafsituation

In unserer Einrichtung gibt es keine klassische Mittagsruhe. Kinder schlafen nach Bedarf, wenn sie signalisieren, dass sie müde sind und sich hinlegen wollen. Dies tun sie in der Regel im Monitor der jeweiligen Gruppe. Die meisten Kinder benötigen Nähe und Zuwendung, damit sie Sicherheit, Ruhe und letztlich in den Schlaf finden. Auch wenn sowohl das Prinzip der offenen Tür als auch das Sechs- Augen-Prinzip erfüllt ist, dürfen sich Mitarbeiter*innen nicht zu den Kindern auf die Matratze legen, sondern sich dazu setzen und so den Körperkontakt herstellen. Auf Übernachtungsfesten gilt, dass jedes Kind und jede Betreuungsperson ihren eigenen Schlafplatz hat. Dazu gehört neben eigener Decke und Kissen auch eine eigene Matratze. Betreuungspersonen dürfen nicht auf den Matratzen der Kinder liegen und umgekehrt.

7. Keine „Sonderprojekte“ einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Auch exklusive Angebote könnten von Teammitgliedern zu sexuellen Grenzverletzungen genutzt werden. Können sie hier über einen längeren Zeitraum ungestört agieren, so könnten sie die Kinder nach und nach an ungewöhnliche Gepflogenheiten gewöhnen – wie zum Beispiel nackt turnen. Bei der Gestaltung des Alltags muss darauf geachtet werden, dass einzelne Aufgaben wie Turnen, Schlafen oder Hausaufgabenbetreuung immer wieder von Anderen gestaltet werden. So können Kinder turnusmäßig verschiedene Handlungsmöglichkeiten und Rituale kennen lernen.

8. Transparenz im Handeln – Rücksprachen mit Leitung oder Team

Wird von einer Schutzvereinbarung aus wohlüberlegten Gründen abgewichen, ist dies im Team und mit der Leitung abzusprechen.

Jede erwachsene im Kinderhaus tätige Person unterschreibt zudem unsere

Selbstverpflichtungsvereinbarung:

1) Ich begegne den Kindern sowie den Mitarbeitenden im Kinderhaus mit Respekt und Wertschätzung. Ich achte persönlichen Grenzen und pflege einen verantwortungsvollen Umgang mit Nähe und Distanz. Habe ich das Gefühl, dass Grenzen verletzt werden, so hinterfrage ich die Situation und wende mit an eine Leitungsperson und spreche Konflikte und Auffälligkeiten offen an. Dies ist weder illoyal noch unkollegial: Vielmehr ist es ein wesentlicher Schritt, Mitarbeitenden frühzeitig zu helfen und Kinder zu schützen.

2) Als Mitarbeitende*r im Team bzw. im Elterndienst habe ich eine verantwortungsvolle Position, ich handle im Sinne der Kinder und der Gemeinschaft ohne eigne Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen.

3) Ich unterstütze die Kinder im Kinderhaus in ihrer persönlichen Entwicklung, ich fördere ihre Selbstwirksamkeit und die Fähigkeit eigene Entscheidungen zu treffen. Wenn sich Kinder bedrängt oder belastet fühlen, bestärke ich sie darin, sich an eine Vertrauensperson zu wenden.

4) Ich pflege mit den anvertrauten Kindern eine grenzachtende Kommunikation mit Wertschätzung, Klarheit und Respekt. Ich schütze die Kinder im Kinderhaus vor körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt.

5) Ich beachte die gesetzlichen Vorschriften zum Kinderschutz. Ich diskriminiere niemanden wegen Äußerlichkeiten, Herkunft, Geschlecht, Sprache, Religion etc.

6) Ich respektiere die Intimsphäre und die persönlichen Grenzen der Scham der mir anvertrauten Kinder und Mitarbeitenden.

7) Ich achte auf Anzeichen von Vernachlässigung und Gewalt von Kindern. Wenn ich einen begründeten Verdacht eines unangemessenen Verhaltens bzw. eines sexuellen Übergriffs auf Kinder habe, befolge ich den Notfallplan des Kinderhauses. Schutz und Würdigung der Kinder stehen hierbei im Fokus.

8) Ich nehme zur Kenntnis, dass oben genannte Punkte zentraler Bestandteil zur Stärkung des Persönlichkeitsschutzes und der Kinderrechte im Kinderhaus sind.

_______________________ _________________________ Ort, Datum Unterschrift

3.3.1 Verhaltensampel in unserer Einrichtung

Dieses Verhalten geht nicht

  • Intim anfassen
  • Intimsphäre missachten
  • Zwingen
  • Schlagen
  • Strafen
  • Angst machen / Drohen
  • Sozialer Ausschluss
  • Vorführen
  • Nicht beachten
  • Diskriminieren
  • Bloßstellen
  • Lächerlich machen / lächerliche, ironisch gemeinte Sprüche
  • Kneifen
  • Verletzen (fest anpacken, am Arm ziehen)
  • Laute körperliche Anspannung mit Aggression
  • (Bewusstes) Wegschauen
  • Misshandeln
  • Herabsetzend über Kinder und Eltern sprechen
  • Schubsen
  • Isolieren / fesseln / einsperren Schütteln
  • Vertrauen brechen
  • Bewusste Aufsichtspflichtverletzung
  • Mangelnde Einsicht
  • konstantes Fehlverhalten
  • Küssen
  • Filme mit grenzverletzenden Inhalten
  • Fotos von Kindern ins Internet stellen
  • Auslachen (Schadenfreude, dringend anschließende Reflexion mit dem Kind / Erwachsenen)
  • Unüberlegtes Handeln
  • Regeln werden von Erwachsenen nicht eingehalten
  • Verharmlosung von Grenzen der Kinder

 

Dieses Verhalten ist pädagogisch kritisch und für die Entwicklung nicht förderlich

  • Regeln für einzelne ändern
  • Keine Regeln festlegen
  • Überforderung / Unterforderung
  • Autoritäres Erwachsenenverhalten
  • Stigmatisieren
  • Ständiges Loben und Belohnen
  • Anschnauzen
  • Nicht ausreden lassen
  • Verabredungen nicht einhalten

Diese aufgezählten Verhaltensweisen können im Alltag passieren, müssen jedoch reflektiert werden. Insbesondere folgende grundlegende Aspekte erfordern Selbstreflektion: Welches Verhalten bringt mich auf die Palme? Wo sind meine eigenen Grenzen? Hierbei unterstützt die Methode der kollegialen Beratung bzw. das Ansprechen einer Vertrauensperson.

Dieses Verhalten ist pädagogisch richtig

  • Positive Grundhaltung
  • Ressourcenorientiert arbeiten
  • Verlässliche Strukturen
  • Positives Menschenbild
  • Den Gefühlen der Kinder Raum geben Trauer zulassen
  • Flexibilität (Themen spontan aufgreifen, Fröhlichkeit, Vermittler / Schlichter)
  • Regelkonform verhalten
  • Konsequent sein
  • Verständnisvoll sein
  • Distanz und Nähe (Wärme)
  • Kinder und Eltern wertschätzen
  • Empathie verbalisieren, mit Körpersprache, Herzlichkeit
  • Ausgeglichenheit
  • Freundlichkeit
  • partnerschaftliches Verhalten
  • Hilfe zur Selbsthilfe
  • Verlässlichkeit
  • Echtheit
  • Unvoreingenommenheit
  • Fairness
  • Gerechtigkeit
  • Begeisterungsfähigkeit
  • Selbstreflexion
  • „Nimm nichts persönlich“
  • Auf die Augenhöhe der Kinder gehen
  • Impulse geben

Folgendes wird von Kindern möglicherweise nicht gern gesehen, ist aber trotzdem wichtig:

  • Regeln einhalten
  • Tagesablauf einhalten
  • Grenzüberschreitungen unter Kindern und Erzieher/-innen unterbinden Kinder anhalten, Konflikte friedlich zu lösen

Klug ist es, in schwierigen, verfahrenen Situationen einen Neustart / Reset zu initiieren

3.3.2 Konsequenzen bei Verletzung

Beim Auftreten von Fehlern wollen wir eine Kultur des „Darüber Sprechens“ statt „Vertuschens“ leben. So sollen alle für mögliche Gefahren sensibilisiert werden.

Bei Verletzungen des Schutzkonzepts im gelben und roten Bereich der Ampel wird das Gespräch mit der betreffenden Person gesucht, es wird gemeinsam reflektiert und es werden verbindliche Absprachen zur Verbesserung getroffen.
Bei Verletzungen des Schutzkonzepts im roten Bereich der Ampel wird im gemeinsamen Gespräch das Verhalten sehr kritisch reflektiert; es werden verbindliche Absprache zur Verbesserung getroffen. Wenn keine Besserung eintritt, erfolgte eine Abmahnung bis hin zur Suspendierung. Straftaten werden gemeldet und strafrechtlich verfolgt.

Bei massivem sexuellen Übergriffen erfolgt eine Meldung und eine sofortige Kündigung.
Bei regelwidrigem Verhalten im Elterndienst erfolgt ein Ausschluss aus dem Elterndienst und Sozialstrafen (von Putzstunden in hohem Umfang bis hin zu Kündigung des Kindergartenplatzes). Generell dokumentieren wir Verstöße gegen das Schutzkonzept.

3.3.3 Fehlerkultur

Im Sinne Maria Montessoris liegt uns ein wertschätzender Umgang miteinander am Herzen. Daher wollen wir eine konstruktive Fehlerkultur leben und etablieren. Ein offener Diskurs über Irrtümer befähigt uns zu einer konstruktiven Auseinandersetzung und beugt Vertuschung und Leugnung von Fehlern vor. Wir begreifen uns als Lernende, die sich stetig weiterentwickeln. Das bedeutet, dass es

vorkommt, dass im täglichen Handeln Fehler (vgl. gelbe Ampel, Kapitel 3.3.1) geschehen.

Wir sind davon überzeugt, dass Fehler hauptsächlich entstehen, weil die äußeren Umstände es zugelassen haben, dass also der Fehler ursächlich im Umfeld oder in der Organisation liegt. Um dies herauszufinden und die wirkliche Ursache des Fehlers zu ermitteln und dann in der Zukunft etwas zu ändern stellen wir uns folgende Fragen:

• 5 x Warum, warum ist der Fehler passiert?

  • Welche äußeren Umstände haben zu dem Fehler geführt?
  • Gibt es in unserer Organisation Strukturen, die das Machen von Fehlern begünstigen?
  • Gibt es bestimmte Situationen in denen häufiger Fehler gemacht werden?

Wenn wir die wirkliche Ursache des Fehlers ermittelt haben sind wir bereit diese zu reflektieren und aus ihnen zu lernen.

Hierbei stellen wir uns folgende Fragen:

  • Was habe ich aus dem Fehler gelernt?
  • Was kann ich in Zukunft anders machen?
  • Wie kann ich mein Ziel auf gutem Weg erreichen?
  • Wo ist meine Belastungsgrenze?
  • Wie kann ich dafür Sorge tragen, dass ich entwicklungshemmende Verhaltensweisen nicht mehr an den Tag lege?

Fehler sind ein Wachstumsfeld für uns, sofern sie nicht absichtlich und wiederholt geschehen. Niemand darf beschämt, beschuldigt, verurteilt oder ausgegrenzt werden, wenn er leichte Fehler macht. Nicht die Person an sich wird infrage gestellt, sondern das Verhalten oder die Organisation.

Bei der Aufarbeitung von Fehlern ist uns eine offene Kommunikation wichtig, bei der wir uns an bestimmte Regeln halten wollen:

Kritik sprechen wir wertschätzend und sachlich an. Kritik ist erlaubt, ebenso wie die eigene Meinung zu äußern. Wir bleiben hierbei sachlich und offen. Sind wir der Empfänger von Kritik, so stellen wir unsere persönlichen Befindlichkeiten hinten an und bleiben lösungsorientiert.

Wir stellen Fragen wie:

  • Was ist gut gelaufen?
  • Was soll anders werden?
  • Welche Verhaltensweise soll geändert werden?

Wir gehen wohlwollend miteinander um, stellen Fragen, wenn wir etwas nicht verstehen und sprechen in Ich-Botschaften:

  • Was beschäftigt/belastet mich am Verhalten des anderen?
  • Womit habe ich ein Problem und warum?

Anstelle von Unterstellungen, vorschnellen Interpretationen, Schuldzuweisungen und Vorwürfen. Dazu gehört, dass wir konstruktiv bleiben, unser Ziel und eine Lösung im Blick haben und uns gegenseitig in unserer Verschiedenheit wertschätzen. Wir können gegenseitig voneinander lernen, unabhängig von unserem Alter und unserer Ausbildung.

Wir unterscheiden zwischen harmlosem menschlichem Versäumnis und zwischen institutionsschädigendem möglicherweise sogar mutwilligem Fehlern. Auf unkollegiale Verhaltensweisen, ethisches Fehlverhalten oder rechtliche Verstöße (vgl. rote Ampel, Kapitel 3.3.1) folgen selbstverständlich auch bei positiver Fehlerkultur Konsequenzen. (siehe Kapitel 3.3.2.).

Durch die konstruktive Fehlerkultur vermeiden wir das Vertuschen von Fehlern. Wir begreifen Fehler nicht als Rückschritt, sondern als Vorfall, ja sogar als Notwendigkeit, um uns ständig zu verbessern. Sie ermöglichen uns, Neues zu lernen und herauszufinden und sind der Motor jeder Weiterentwicklung. Durch das Zulassen und Annehmen von Fehlern können wir diese schließlich auch loslassen. Eine gewissen Portion Humor, Leichtigkeit und Gelassenheit hilft uns zu akzeptieren, dass wir alle „fehlbare Wesen“ sind und doch ist das okay und wir können einen guten Umgang damit finden. Es entsteht eine angenehme Arbeitsatmosphäre, die geprägt ist von Vertrauen, Offenheit und gegenseitiger Reflexion. Dies führt zu mehr Freude an der Arbeit, mehr Produktivität und Kreativität sowie langfristig auch zu mehr Zufriedenheit und zum positiven Nebeneffekt, dass bei dieser Haltung nachweislich weniger Fehler passieren.

Im Sinne Montessoris begreifen wir uns als verschiedene und doch gerade deshalb gleichwertige Menschen mit Stärken und Schwächen und orientieren uns am Leitsatz, der in unserem Eingangsbereich steht:

„Der Weg auf dem die Schwachen sich stärken ist der gleiche auf dem die Starken sich vervollkommnen.“ (M. Montessori)

3.4 Sexualpädagogisches Konzept

Die Sexualerziehung nimmt eine wichtige Stellung ein; sie ist Bestandteil der Sozialerziehung und Persönlichkeitsbildung. Die in unserem Haus gelebte und praktizierte Pädagogik Maria Montessoris hat zum Ziel, einen verständnisvollen Umgang zwischen Erwachsenen und Kindern herzustellen unter der Achtung der kindlichen Persönlichkeit mit ihren besonderen Bedürfnissen. Dieser Grundsatz gilt auch für die Sexualerziehung.

3.4.1 Ziele

Wir möchten, dass Kinder dem eigenen Körper und der eigenen Sexualität positiv gegenüberstehen. Sie sollen sich als wertvolle und liebenswerte Menschen sehen, unabhängig ihres Aussehens und ihrer Herkunft.

Umgang mit Emotionen und Bedürfnissen

Wir wollen:

  • die Kinder sensibilisieren und ermutigen, ihre Emotionen und Bedürfnisse wahrzunehmen und sie in angemessener Form zu kommunizieren
  • dass Kinder sich trauen, „Nein“ zu sagen und Grenzen zu setzen – sowohl anderen Kindern als auch Erwachsenen gegenüber – für diese Grenzen einzustehen und sich bei Nicht-Beachten Hilfe zu holen
  • die Einschätzung der Kinder ernst nehmen, wenn ihnen etwas „komisch vorkommt“ und sie darüber sprechen möchten
  • Kinder unterstützen, Grenzen anderer zu respektieren und ein „Nein“ zu
    akzeptieren. Sie sollen die Gefühle und Bedürfnisse anderer ebenso wie ihre eigenen erkennen und angemessen darauf reagieren
  • Kinder in ihren Bedürfnissen und Emotionen sehen und wertschätzen.

Umgang mit dem eigenen Körper

Wir wollen:

  • Kinder unterstützen, ihren Körper wahrzunehmen und ihnen ein positives Körperbild vermitteln – ungeachtet des Aussehens – um Scham, Ängste und Hemmungen zu vermeiden und Sicherheit zu erfahren sowie einen unbefangenen Umgang mit dem eigenen Körper zu erwerben
  • Kinder im Finden einer positiven Geschlechtsidentität unterstützen, um sich wohlzufühlen und die Entwicklung einer eigenen Intimsphäre fördern
  • den gleichberechtigten Umgang zwischen Mädchen und Jungen leben, der frei von Stigmatisierungen und Vorurteilen ist; so soll sowohl das Selbstbild als auch der Selbstwert gesteigert werden
  • den Kindern ein Grundwissen über den Körper, Sexualität und den Umgang miteinander vermitteln und eine Atmosphäre schaffen, in der man darüber sprechen kann.

Was wir machen

Was wir nicht machen….

Sensibel für Fragen der Kinder sein und ihnen zuhören; achtsam mit den Kindern umgehen; einen positiven Umgang mit Fehlern haben; sie ernst nehmen und ihren Wert schätzen; sie ermutigen, über das zu sprechen, was in ihnen vorgeht

Keine Bloßstellungen, keine Abwertungen, kein Lächerlich-Machen, kein Abtun kindlicher Fragen, Anliegen oder Bedürfnisse

Körper- und Geschlechtsteile mit der korrekten Bezeichnung benennen:

  • Penis und Hodensack mit Hoden
  • Vulva und Scheideum Scham abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen

Keine Verniedlichung wie Pullermann, Schmetterling o.ä.

Beim Wickeln:

die Situation wird sprachlich begleitet, Penis, Vulva und Po werden sauber gemacht und wird dem Kind gegenüber auch so formuliert

Respektieren des Schamgefühls der Kinder, auch beim Toilettengang

Beim Wickeln:

Ohne Ankündigung den Intimbereich säubern, Küsse auf Bauch oder Intimbereich

Thematisierung des menschlichen Körpers: Körperpuzzle, Bildkarten, Individualität des eigenen Körpers (Größe, Augen-/ Haarfarbe, etc.)

Akzeptanz der Vielfältigkeit

Keine Tabuisierung körperlicher Themen kein Bewerten von Aussehen

Körpererfahrungen ermöglichen

  • durch Materialien wie Kleister, Fingerfarbe, Knete, Schaum, Erbsenbad etc.,
  • aber auch durch gegenseitige Massagen im Morgenkreis, Yoga etc.

Adäquate Reaktion auf Fragen

  • wo kommen Babys
  • Fortpflanzung und Unterschiede derGeschlechter

    Hinzuziehen geeigneter Bücher, um das Thema pädagogisch gut zu bearbeiten

Keine Märchen vom Storch, kein unkommentierter Verweis auf die Eltern

3.4.3 Umgang mit Sexualität unter Kindern

Hier muss zwischen einer sexuellen Aktivität und einem sexuellen Übergriff unterschieden werden.

Das pädagogische Personal muss sich zur Unterscheidung und Abgrenzung folgende Fragen stellen:

  • Was sehe ich?
  • Wie reagiere ich?

Sexuelle Aktivität

Sexueller Übergriff

Nicht zu verwechseln mit Geschlechtsverkehr!

Kommt gerade bei jungen Kindern häufig vor.

Kennenlernen und Entdecken des eigenen Körpers und die Neugier bzgl. des anderen Geschlechts, sexuelles Lernen; andere Kinder können ebenfalls mit einbezogen sein; hier herrscht aber Zustimmung und es geschehen keine Grenzverletzungen

Der Unterschied zur sexuellen Aktivität liegt in der Grenzverletzung;
Beispiele: das Kind wird festgehalten, penetriert, unter Druck gesetzt, auf Abgrenzung wird nicht adäquat reagiert.

darf nicht als Übergriff abgestempelt und stigmatisiert werden; gehört zur kindlichen Entwicklung dazu

Muss in jeden Fall unterbunden werden und darf sich nicht wiederholen.

sensible Begleitung durch pädagogisches Personal:

– Vermittlung des Wertes der körperlichen Selbstbestimmung

– Vermittlung der Bedeutung von Scham

– Vermittlung des Respekts vor den Grenzen des anderen

– Vermittlung des Wertes des eigenen Körpers und der Sexualität (keine Tauschware für Anerkennung, Liebe und soziale Bedeutung – und keine Waffe und Machtinstrument)

Konkrete Reaktion:

  • Sicherstellen des Einverständnisses aller beteiligten Kinder
  • sprechen über o.g. Werte
  • Briefing der Eltern, ohne zu bewerten undzu dramatisieren, sondern die Funktion sexueller Aktivität bei jungen Kindern und die Notwendigkeit der sensiblen Begleitung erklären.

Schritte des fachlichen Umgangs:
1. Gespräch mit dem betroffenen Kind

  • keine Beteiligung der Gegenseite! Übergriffs- Dynamiken würden sich dort fortsetzen; gemeinsames Gespräch zur Entschuldigung kommt wenn überhaupt erst später)
  • Parteilichkeit des Personals ist notwendig, denn es geht nicht um gleichstarke Kontrahenten. Von sexuellen Übergriffen Betroffene brauchen Trost, Zuwendung und das Gefühl, dass ihnen geglaubt wird. Keine Mitschuld geben, sondern das Kind im Alltag stärken.2. Gespräch mit dem übergriffigen Kind
  • souveränes Auftreten der pädagogischen Fachkraft ist für das Gelingen des Gesprächs entscheidend: Das Kind muss erleben, dass seine Macht ihr Ende findet, sobald sich Erwachsene einschalten
  • Kind wird mit seinem Verhalten konfrontiert; Deutlichkeit ist wichtig! Das übergriffige Verhalten muss als Unrecht bezeichnet und für die Zukunft strikt verboten werden
  • keine Diskussionen und kein Druck, wenn das Kind den Vorfall nicht zugibt
  • Dokumentation der Vorfälle und der Maßnahmen

3. Pädagogische Maßnahmen

besteht der Eindruck, dass das übergriffige

 

3.4.4 Umgang mit sexuellen Übergriffen durch Erwachsene (Mitarbeiter der Institution)

Vorgehen bei Hinweisen oder eines Verdachts auf sexuelle Grenzverletzungen einer Mitarbeiter*In: Dokumentation des Verdachts durch die Person, die Kenntnis davon erlangt

  • Informieren der Leitung
  • Sofortmaßnahme: Sorge für den Schutz des betroffenen Kindes; Kontakt muss unterbundenwerden
  • Einrichtung eines Krisenteams unter Hinzuziehung eines externen Beraters. Aufgaben: Beratungüber den weiteren Prozess und Koordination; Einleitung von Maßnahmen zur Begleitung des

    betroffenen Kindes; Entscheidung über den Zeitpunkt der Information der Eltern

  • in Kenntnis setzen des/der Verdächtigen über die Anschuldigungen mit der Möglichkeit, den Vorfall aus seiner/ihrer Sicht zu schildern; Grundsatz der Fürsorgepflicht des/der Verdächtigen gegenüber; Dokumentation des Gesprächs unter Berücksichtigung des Datenschutzes! Dann: Einschätzen der weiteren Schritte, z.B. einschalten der Ermittlungsbehörden. -> Gesprächsinhalte: Vorwürfe / Situationen benennen, fachliche Einordnung des Fehlverhaltens, Verweis auf Regeln, Verhaltenskodex, fachliche Standards und Schutzvereinbarungen / Selbstverpflichtungserklärungen. Je nach Sachverhalt können bzw. müssen arbeitsrechtliche Konsequenzen verordnetwerden (Beurlaubung, Suspendierung, Kündigung).
  • Entscheidung des Krisenteams: welche Mitarbeiter*Innen sind zu informieren, um die Handlungsfähigkeit im Haus zu erhalten und Gerüchten entgegenzuwirken?

Maßnahmen zur Prävention von sexueller Gewalt: siehe Kapitel 3.4.1 Ziele und 3.4.2 Umsetzung (des sexualpädagogischen Konzepts)

3.5 Beteiligung von Kindern

„Die Freiheit unserer Kinder hat als Grenze die Gemeinschaft, denn Freiheit bedeutet nicht, dass man tut, was man will, sondern der Meister seiner Selbst zu sein.“ (M. Montessori, 1934)

Die Partizipation der Kinder ist eine zentrale Grundlage des Schutzkonzepts. Für die Umsetzung von Beteiligungsmöglichkeiten leisten die in unserem Hause umgesetzten Pädagogischen Grundlinien nach den Prinzipen Maria Montessoris einen nützlichen Beitrag.
Das Prinzip der Freiwilligkeit (freie Wahl), sowie die vorbereitende Umgebung greifen das Interesse des Kindes auf, sodass ein hohes Maß an Selbstbestimmung für das Kind möglich ist. Der Raum der Freiwilligkeit kommt bei allen Tätigkeiten (Spiel- oder Arbeitsangebot, Kinderkonferenzen, Morgenkreis, Geburtstagskreise, Singkreis, Sportaktivitäten, Ausflüge, Wahl der Spiel- oder Bezugsperson, Mahlzeiten usw.) zum Tragen.

Das Kind im Montessori Kinderhaus kann sich an vielen Entscheidungen beteiligen, die sein Leben im Miteinander im Haus betreffen. Es kann seinem Entwicklungsstand entsprechend Verantwortung übernehmen und seinen Lebensraum, seinen Alltag, seine Beziehungen und seine Umgebung aktiv mitgestalten.

Im U3 Bereich ist von besonderer Bedeutung, die (nonverbalen) Signale des Kindes zu
verstehen, zu deuten und anschließend angemessen auf das Kind und seine (Grund-) Bedürfnisse einzugehen.

Formen der Beteiligung/Partizipation:

  • Wünsche und Kritik dürfen die Kinder jederzeit äußern
  • Die Interessen der Kinder sind die Grundlage der alltags Aktionen und des Arbeitens
  • Die Kinder bekommen durch regelmäßige Kinderkonferenzen die Möglichkeit in Diskussionenund Entscheidungsprozesse miteinbezogen zu werden
  • Die Kinder entscheiden wann und von wem sie die Windel gewechselt haben möchten
  • Die individuelle Persönlichkeit und die freie Wahl der erzieherischen Bezugsperson sollen stetsberücksichtigt und ernst genommen werden
  • Das Kind darf entscheiden was und wie viel es bei der Brotzeit oder dem Mittagessen isst
  • Das Kind darf sich sein Getränk selbst aussuchen und einschenken
  • Themenvertiefung mit den Kindern von Regeln im Miteinander der Gruppe z.B. wenn ein Kind„NEIN“ sagt oder „Lass das, ich will das nicht“ sagt, hören und achten wir darauf.

    Durch die entwicklungsangemessene Beteiligung der Kinder in Entscheidungsprozesse erlernen die Kinder ihre Gefühle und Bedürfnisse zu artikulieren. Dadurch wird eine offene und Vertrauensvolle Atmosphäre erzeugt. Somit fällt es den Kindern leichter Situationen offen anzusprechen.

    Grenzüberschreitungen werden somit bewusster wahrgenommen und die Verbalisierung erleichtert.

3.6 Beschwerdemanagement

Es können Beschwerden und Rückmeldungen jeglicher Art an unser Kinderhaus herangetragen werden. Wir sind offen für jegliche Kritik und auch Vorschläge. Das Team wird reflektieren, und Eltern und Kinder darin bestärken dass sie ihren Unmut, Unzufriedenheit und auch ihre Kritik ungehindert äußern können. Wir sehen es als Chance an Fehlern und Unzufriedenheit zu arbeiten.

3.6.1 Für Eltern

Es finden jährliche Elterngespräche statt, zur Entwicklung des Kindes und zur Erziehungspartnerschaft. Im Briefkasten des Kinderhauses können die Eltern ungehindert ihre Kritik und Beschwerden anonym loswerden. Zudem besteht die Möglichkeit per Mail Kritik und Anregungen anzubringen (an den Vorstand: vorstand@muehlenkinder.de; an das Team: team@muehlenkinder.de; an den Elternbeirat: elternbeirat@muehlenkinder.de; an das Büro: kinderhaus@muehlenkinder.de). Diese Möglichkeit steht den Eltern immer bereit. Ein Abschlussgespräch mit den Eltern findet statt, wenn das Kind das Kinderhaus verlässt. Umfragen zu verschiedenen Themen finden jährlich in unsrer Einrichtung statt.

3.6.2 Für Kinder

Wir beobachten sehr aufmerksam Reaktionen der Kinder, und sehen Verhaltensveränderungen. In unserem täglichen Morgenkreis gibt es für die Kinder immer die Möglichkeit Rückmeldungen und Beschwerden anzusprechen. Die Kinder werden gehört.

Nach speziellen Angeboten und Themen findet eine Abschlussrunde/Kinderkonferenz statt und die Meinung der Kinder ist uns dabei wichtig.

Alltagsgespräche im Gruppengeschehen, auch über gegenseitige Gewalt und gewaltfreier Umgang im Miteinander gehören zum Tagesablauf.

3.6.3 Für das Team

Es finden Mitarbeitergespräche mit dem Vorstand statt, dort wird zugehört und nach Lösungen gesucht. In wöchentlichen Teambesprechungen gibt es die Möglichkeit zum Austausch innerhalb des Teams und mit dem Vorstand.

Der Träger bietet sich jederzeit an für Gespräche und Hilfe.
Im Drei Säulen Gespräch / Elternbeirat/ Team / Vorstand finden regelmäßig Feedbackrunden statt. Adressen für externe Ansprechpartner stehen den Mitarbeitern jederzeit zur Verfügung.

3.7 Vernetzung und Kooperation

In unserem Schutzkonzept sind Ansprechpartner angegeben. Unsere Einrichtung ist gut vernetzt mit allen Fachstellen, und wir können schnell in Verbindung miteinander treten. Dazu zählen das zuständige Jugendamt, verschiedene Lebens – und Erziehungsberatungsstellen.

4 Intervention – Verfahren bei Kindeswohlgefährdung

4.1 Notfallplan

4.1.1 Handlungskonzept zum Gewaltschutzkonzept für Eltern

1. Dokumentieren von Beobachtungen

Wir dokumentieren schriftlich, wenn uns im Verhalten des Kindes oder der Erziehungsberechtigten, bei der körperlichen oder seelischen Verfassung des Kindes, beim Pflegezustand des Kindes oder anderen äußeren Anzeichen(z.B. Kleidung, Nahrungsversorgung) oder im Gespräch Anzeichen auffallen, die auf eine Gefährdung des Kindswohls hindeuten könnten. Wir dokumentieren diese Verdachtsmomente schriftlich, mit Datum und ggf. mit Uhrzeit.

2. Wir suchen das Gespräch im Team

Wir schildern die Beobachtungen und prüfen gemeinsam, ob gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindswohlgefährdung vorliegen. Wir besprechen die Beobachtungen gemeinsam, da wir zu allen Kindern den Kontakt haben. Kommen wir gemeinsam zu dem Ergebnis, dass es stichhaltige Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Kind im häuslichen Umfeld an Leib und Leben gefährdet ist, wird das Jugendamt umgehend informiert und wir bitten um Intervention.

3. Wir ziehen die insoweit erfahrene Fachkraft (IseF) hinzu

Kommen wir gemeinsam zu der Überzeugung, dass es Hinweise auf eine Kindswohlgefährdung gibt, die aber kein sofortiges Eingreifen durch das Jugendamt rechtfertigt, ziehen wir die zuständige insoweit erfahrene Fachkraft hinzu. Diese wird zu einem Gespräch in die Kita kommen und

gemeinsam mit allen das Gefährdungsrisiko analysieren. Sieht die Fachkraft ebenfalls
eine Kindswohlgefährdung, unterstützt sie das Team, einen Hilfeplan für die betroffene Familie zu entwickeln. Der Träger wird ebenfalls informiert.

4. Elterngespräch führen und Ziele vereinbaren

Das Team, oder wer den besten Draht zu den Eltern hat, sucht das Gespräch mit den Eltern und konfrontiert diese mit der Sorge um das Kind. Ziel des Gesprächs ist, den Eltern den im Vorfeld entwickelten Hilfeplan vorzuschlagen und Maßnahmen zu dessen Umsetzung mit den Eltern zu besprechen, klare Ziele und einen Zeithorizont zu vereinbaren, innerhalb dessen diese umgesetzt werden müssen.

5. Kontrolle der Umsetzung

Als pädagogische Fachkräfte müssen wir beobachten, ob die Eltern die vereinbarten Maßnahmen umsetzen und sich die Situation des Kindes im vereinbarten Zeitraum spürbar verbessert. Ist dies nicht der Fall oder entsteht der Eindruck, dass die vereinbarten Maßnahmen nicht ausreichen, um das Kind wirksam zu schützen, muss das Team weiter handeln.

6. Das Jugendamt wird informiert

Das Jugendamt wird informiert wenn:

  • die Hilfen nicht ausreichend sind, um die Kindswohlgefährdung zu beseitigen.
  • die Eltern die Inanspruchnahme von Hilfen verweigern.
  • sich das Team nicht sicher ist, ob die vereinbarten Hilfen die Gefährdung für das Kind tatsächlichbeseitigen.

In diesen Fällen werden die Eltern über die Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt informiert. Wichtig ist, dass bei einem Verdacht auf Kindswohlgefährdung man nicht eigenmächtig handelt, sondern jeden Schritt im Team bespricht.

4.1.2 Handlungskonzept zum Gewaltschutzkonzept für Mitarbeiter

1. Hinsehen und Eingreifen
Pädagogische Fachkräfte sollten hinsehen, d.h. aktiv wahrnehmen, wenn Mitarbeiter sich gegenüber Kindern unangemessen oder gewalttätig werden(körperlich oder psychisch) oder aus falsch verstandener Kollegialität wegschauen.
Pädagogische Mitarbeiter sollten in die Situation einsteigen, die Mitarbeiterin, die die Kontrolle verloren hat, in ihrem Tun unterbrechen und aktiv zum Schutz des Kindes eingreifen und den Übergriff beenden.

2. Dokumentieren von Beobachtungen
Wir dokumentieren den Vorfall mit Datum und Uhrzeit, ggf. ziehen wir eine andere Person hinzu, die den Vorfall ebenfalls beobachtet hat.

3. Fehlverhalten ansprechen

Die Person soll noch am selben Tag auf ihr Verhalten und den Vorfall angesprochen
werden. Die Mitarbeiter sollten aber warten, bis sich alle wieder beruhigt haben.. Anschließend wird konkret geschildert, was beobachtet wurde und warum dies ein gewalttätiges Verhalten darstellt. Die Mitarbeiterin soll die Gelegenheit bekommen, ihre Sicht der Dinge bzw. das Verhalten zu erklären. Der Kollegin wird Unterstützung angeboten, um solche Situationen in Zukunft zu verhindern.

4. Wir suchen das Gespräch im Team
Im Team wird gemeinsam überlegt, wie man solche Situationen vermeiden kann.

5. Information des Trägers
Bei massiven Übergriffen oder Gewaltausbrüchen von Mitarbeitern wird umgehend der Träger informiert.

Der Träger wird um Unterstützung gebeten, wenn die Meinung entsteht, dass die Situation nicht angemessen gelöst werden kann.

5 Rehabilitierung, Aufarbeitung und Qualitätssicherung

Vertrauen ist eine wichtige Grundlage und Voraussetzung für die wachsende Erziehungspartnerschaft mit Eltern, für gelingende Beziehungen zu und unter den Kindern sowie für eine gute Zusammenarbeit im Team. Diese Vertrauensbasis wird langsam aufgebaut, kann aber schnell erschüttert werden – z.B. durch den Verdacht von Grenzverletzungen im Kinderhaus-Alltag. Dann ist es wichtig, das Vertrauen behutsam wieder aufzubauen.

Jedem Verdacht einer Grenzverletzung bzw. strafbarer Handlung ist umgehend sorgfältig nachzugehen. Es besteht jedoch immer die Möglichkeit, dass sich ein Verdacht nicht bestätigt. Daher gilt immer die Unschuldsvermutung, solange der Verdacht nicht bestätigt ist. Erweist sich ein Verdacht als unberechtigt, wird das Verfahren eingestellt. Dann muss der Träger alles ihm Mögliche tun, um den guten Ruf der verdächtigten Person (und der Einrichtung) wiederherzustellen.

Die Rehabilitierung bei einem nicht bestätigten Verdacht muss mit derselben Sorgfalt durchgeführt werden wie die Verdachtsklärung. In unserem Schutzkonzept gibt es deshalb ein Verfahren zum Umgang und Schutz von beschuldigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die fälschlicherweise in Verdacht geraten sind. Denn auch für diese Beschäftigten gilt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Ziel ist dabei die Wiederherstellung der Vertrauensbasis und der Arbeitsfähigkeit aller Betroffenen – der Kinder, Eltern und Fachkräfte des Kinderhauses.

Vertrauensbasis und Arbeitsfähigkeit wiederherstellen:

  • Transparenz: Abgabe einer Erklärung durch den Träger, dass die erhobenen Vorwürfe umfassendgeprüft wurden (oder Ermittlungsergebnisse) und sich als unbegründet erwiesen haben
  • Für die falsch verdächtigte oder beschuldigte Person: Einrichtungswechsel/Versetzung (fallsmöglich), Abschlussgespräch, Beratung und Unterstützung bei beruflicher Neuorientierung
  • Transparenz für die Eltern: Elterninformation, Elternabend, Benennung einer Ansprechpartnerinoder eines Ansprechpartners im Team
  • Für das Team: Supervision und Teamentwicklungsmaßnahmen (z.B. Teamklausur)

Aufarbeitung des Vorfalls:

Ist es in der Einrichtung zu Grenzverletzungen bzw. Gewalt und/oder Missbrauch gekommen, ist nicht nur aktuell zu intervenieren, sondern das Geschehen auch aufzuarbeiten. Die Aufarbeitung ist ein langfristiger, zukunftsorientierter Prozess. Dabei wird ermittelt, welche Strukturen in der Einrichtung dazu beigetragen haben, dass es zu Grenzverletzungen bzw. Gewalt und/oder Missbrauch kommen konnte. Zuerst ist jedoch den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, über das Geschehene zu sprechen, ihnen zuzuhören und die Belastung der Betroffenen anzuerkennen.

Die Rehabilitation bzw. Aufarbeitung eines Krisenfalls im Kinderhaus soll vom Träger mit verschiedenen Maßnahmen unterstützt werden. Insbesondere, weil ein Vorfall in der Regel auch in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Dabei ist die Unterstützung durch die Fachstellen, die den Träger und das Team bereits in der Krise unterstützt haben, sehr hilfreich und deshalb in Anspruch zu nehmen. Mögliche Maßnahmen zur Unterstützung des Teams sind: Inhouse-Schulungen für die Beschäftigten, Supervision, positive Öffentlichkeitsarbeit.

Es erfolgt eine regelmäßige Überprüfung des Schutzkonzepts zur Qualitätssicherung. Wirksamer Kinderschutz ist ein wesentlicher Bestandteil der fortlaufenden und prozesshaften Qualitätssicherung in Kindertageseinrichtungen. Dabei kommt es darauf an, immer wieder gemeinsam zu prüfen:

  • Wird das Schutzkonzept gelebt oder sollte es aufgefrischt werden?
  • Greifen die Präventionsmaßnahmen oder schleichen sich wieder alte Gewohnheiten ein?
  • Wie wirken sich Veränderungen im Tagesablauf, in der Zusammensetzung der Gruppen oderneue Vorschriften wie die Corona-Maßnahmen auf den Kinderschutz aus?

    Überprüfung des Schutzkonzepts:

    ☐ Verankerung des Überprüfungszeitraums im Schutzkonzept
    ☐ Teambefragung zu den Erfahrungen mit der Umsetzung des Schutzkonzepts

    ☐ Ist die Risikoeinschätzung noch aktuell?
    ☐ Funktionieren Beschwerdemanagement und Präventionsmaßnahmen?
    ☐ Was sollte im Schutzkonzept verändert oder angepasst werden?

6 Anlaufstellen und Ansprechpartner

Träger: Kinderhaus Mühlenkinder – Vorstand

Aufsichtsbehörde: Landratsamt Kitzingen, Kaiserstraße 4, 97318 Kitzingen (Lydia Worschech, Jugend und Familie, Sachbearbeiterin kindbezogene Förderung, 09321 928-5116)

Jugendamt: Jugendamt Kitzingen Maike Bischoff maike.bischoff@kitzingen.de 09321/9265300 Vertretung Frau Hartner

Beratungsstellen: Erziehungsberatungsstelle Kitzingen, Güterhallstr. 5, 97318 Kitzingen 09321/7817

Notrufnummern:
Polizei (110 / Kitzingen: 09321 141-0)

Kinder-Jugendtelefon („Nummer gegen Kummer“ 116 111)
Elterntelefon (0800 111 0550)

Hilfetelefon sexueller Missbrauch (0800 22 55 530)

Weißer Ring (Kreis Kitzingen: Außenstellenleitung Heinrich Halbleib 0170/4425548 kitzingen-kreis- bayern-nord.weisser-ring.de)

Literaturverzeichnis:

Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (Hrsg.). Leitfaden zur Sicherung des Schutzauftrags in Kindertageseinrichtungen. Schwerpunkt: Prävention Kita-interner Gefährdungen

https://www.berufsgruppegegensexuellegewalt.de/empfehlungen, aufgerufen am 15.02.2023 https://www.erzieherin.de/paedagogischer-umgang-mit-sexuellen-uebergriffen-unter-kindern.html, aufgerufen am 15.02.2023

https://de.indeed.com/recruiting/c/info/positive-fehlerkultur-unternehmen, aufgerufen am 15.02.2023